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Peru-1

Route im Land #30: Grenzübergang La Balsa – Namballe – San Ignacio – Tamborapa – Jaén – Bagua Grande – Camp La Choza – Pedro Ruiz Gallo – Chachapoyas – Leymebamba – Cajamarca – San Marcos – Cajabamba – Huamachuco – WCamp Laguna Larga – WCamp Schlucht – Mollebamba – Pallasca – WCamp Jorge/Zoila in Estación Multiservicio Coquito/Mirador – Huallanca – Caraz – Huaraz – Caraz – Santa Cruz Trek – Huaraz

Willst du nach Peru einreisen, darfst du u.a. keine landwirtschaftlichen Erzeugnisse einführen, haben wir auf verschiedenen Blogs und Homepages gelesen. Verständlich, aber doof. Wir können nicht alle Vorräte aufessen – und überhaupt – was fällt eigentlich unter landwirtschaftliche Erzeugnisse? Wir googeln, werden aber nicht schlauer und beschließen, möglichst alle Frischwaren aufzuessen und erstellen eine Liste aller möglichen “gefährlichen” Güter, um am Grenzübergang zwecks Einfuhr nachzufragen. Es drohen nämlich empfindliche Geldstrafen, wenn die Beamten verbotene Waren bei einem entdecken.

Kurz vor der Grenze schenkt uns dann auch noch eine nette ecuadorianische Familie 5 riesige Guaves, die wir bis dorthin natürlich nicht aufessen können, noch so ein “gefährliches” landwirtschaftliches Erzeugnis mehr. Um es kurz zu machen: Grenzübertritt vollständig gelungen, wir fragen brav unsere Liste ab und können alles einführen und erhalten obendrauf noch weitere 90 Tage Aufenthalt dazu. Hurra, wir dürfen ganze 6 Monate in Peru bleiben! Wenn wir wollen.

Mal schauen, die Begrüßung war auf jeden Fall schon voll nett und seit der Grenzschranke ist die Straße auch endlich wieder geteert!
Als wir nach Namballe kommen, werden wir gleich von wissensbegierigen Kindern umringt und über unsere Fahrräder ausgefragt.

Einzig unsere finanzielle Situation macht uns ein bisschen Sorgen: beim Geldumtausch haben wir nur 100 Soles-Scheine erhalten (ca. 30 US $). Für uns nicht besonders viel, aber hier im ländlichen Bereich ist es schier unmöglich, damit einzukaufen, denn die Menschen können einfach nicht wechseln. Hier wird folgendermaßen gerechnet: 3 große oder 4-6 kleine Bananen oder 4-5 Brötchen für 1 Sol, Almuerzo (Mittagsmenü) 5-8 Soles, 1 kg Tomaten für 1-2 Sol usw.

Unser erstes Abendessen in Peru – kulinarisch keine wesentliche Veränderung! Reis und Hühnchen bleiben uns erhalten.

Auf der schmalen Landstraße begegnen uns zunächst nur Tuk Tuks, wir genießen unsere Fahrt durch die heiße und tropische Landschaft, die uns stark an Guatemala erinnert. Mal passieren wir einen Erdrutsch,

mal landwirtschaftliche Erzeugnisse, die zum Trocknen ausliegen, in diesem Falle Kaffeebohnen.

Einkaufstechnisch ist es hier im ländlichen Norden für uns gar nicht so einfach, denn es gibt keine Supermärkte, wo wir immer unsere Vorräte an Müsli auffüllen. Bekommen wir keines, müssen wir “Luftbrötchen” frühstücken und haben bereits nach 1 Stunde Fahrzeit schon wieder Mordshunger! Auch haben die kleinen Lädchen z.B. seltenst Milch im Angebot, einmal kam Michel freudig mit gesüßter (!) Kondensmilch in der 250 ml Dose zurück. Das Gemüse ist selbst auf den Märkten nicht immer das Frischeste, liegt wohl am Überangebot. Nur tolle Früchte gibt’s überall und immer!

Orange, Mini-, normale und Kochbanane

Einige unserer kulinarischen Neuentdeckungen:
Lomo saltado (oft zähes Rindergeschnetzeltes)

Tortilla con verduras (Omelett mit Gemüse), darunter ein Berg Reis

kalte Kaffee-Essenz (mehr oder weniger stark), wird ins heiße Wasser gegossen

Die Etappe nach Tamborapa wird uns beiden wohl noch lange im Gedächtnis bleiben. Leider gibt es vom ersten Ereignis keine Bilder – oder vielleicht auch gut so!
An einer betonierten Furt folgen wir einem Collectivo und sehen, dass das Wasser auf einer Breite von ca. 5m ca. 5-10 cm hoch durchfließt. Michel prescht ziemlich schnell durch, Claudia folgt – und bremst leider ein bisschen ab – und liegt eine Sekunde später rücklings im Wasser!

Tja, Algenflächen können glatt sein. Gut, dass wir immer Helme tragen, denn ihr Hinterkopf wäre sonst richtig hart auf die Betonfläche geklatscht.
Michel will Claudia helfen und läuft in die Furt – und platsch – liegt der Länge nach neben ihr! Nochmal: Algenfläche = sauglatt! Peinlicherweise gab’s auch noch Zeugen!

Das zweite Ereignis an diesem Tag war für uns folgende, einzige Luxusunterkunft weit und breit:
10 Soles (3 US $) …

… inkl. Dusche …

… und Ausblick auf den Dorfplatz.

Weit vor Sonnenaufgang werden wir von einer Motorsense geweckt, mit der jemand die 3 Rasenflächen hinterm Hotel mäht – und das mindestens 2 Stunden lang. Hungrig klappert Michel vergeblich 3 Tiendas im Örtchen nach Brot ab, ergattert dann 6x eine Art von “Yes-Törtchen” und zusammen mit 3 Minibananen und 1 Orange wird das unser “Kraftfrühstück” des Tages.
Auf nach Jaén, endlich eine große Stadt und zu einem Warmshowerhost! Dort herrscht das absolute Verkehrschaos, Jaén ist nämlich die Stadt der Motorradrikschas, es gibt über 10.900 von ihnen. Sie sind nummeriert, super laut und hupen ständig. Als wir in der Nachmittagshitze europaverdächtigen Eiskaffee schlürfen, zählen wir spaßeshalber mit: in 2 Minuten passieren 60 Rikschas und sie hupen ganze 31mal. Voll nervig. Aber wenigstens gibt es in diesem Moloch einen Supermarkt und endlich wieder g’scheites Müsli!!!
Wir treffen unseren Gastgeber Miguel in seinem Fahrradgeschäft und sind sofort sehr nett im Gespräch. Leider kann er uns weder mit Radmänteln noch mit Bremsbelägen dienen. Nach einiger Zeit er bringt uns zu unserer Unterkunft: im Hinterhof seiner Schwester zeigt er uns ein völlig leeres Zimmer mit offenem Fenster (Moskitos!), Dusche und Klo sind auf dem Flachdach.

¡Muchas gracias Miguel por tu apoyo y tu consejo sobre el cruce del río! ¡Que le vaya muy bien!

Miguel zeigt uns noch eine Abkürzung nach Bagua Grande, mit einem Boot sollen wir den ca. 200 m breiten Marañón überqueren, hört sich spannend an. Vorher begeistern uns die Reisterrassen der Gegend, die sich alle …

in ganz unterschiedlich Reifestadien befinden,

hier mit den ausgebildeten Reiskörnern.

Dann werden unsere Räder ziemlich unsanft verladen und wir überqueren den reißenden Marañon.

Wir finden heraus, dass der Río Marañón der Hauptzufluss des Río Amazonas ist, interessant!

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Mara%C3%B1%C3%B3n

Und schieb – jenseitige Uferböschung!

Gerade noch radelten wir durch feuchtheiße Reisterassen, nach der Flussquerung müssen wir durch eine 5 km lange, trockene und staubige Sandwüste fahren, echt irre der Landschaftswechsel hier!
Je weiter wir Bagua Grande hinter uns lassen, desto ruhiger wird der Verkehr, wir folgen dem reißenden Río Utcubamba stromaufwärts durch sein enges Tal mit steilen Berghängen. Wow, wir sind begeistert von Perus Natur!

verschlungenes Tal

Hängebrücken zu jenseitigen Häusern/Siedlungen

Talübergang

Von Pedro Ruiz Gallo aus fahren wir mit dem Collectivo zum Wasserfall von Gocta. Interessanterweise verkehren die Sammeltaxis hier nicht regelmäßig, so wie in Ecuador, sondern fahren erst los, wenn alle Sitzplätze vergeben sind. Leider haben wir wohl gerade eines verpasst, denn wir sind die Passagiere 1+2 auf der Liste und müssen noch ganze 45 Minuten warten, bis die restlichen 8 Plätze besetzt sind. Dann wird erst noch das Busdach (über)laden. Dafür sind wir nun extra um 5:30 Uhr aufgestanden – gähn! An der Kreuzung nach San Pablo steigen wir aus und gleich in ein Mototaxi dorthin um (á 5 Soles). Der Fahrer heizt den Gravelroadberg hoch, dass wir nur so auf unserem Sitz hüpfen, von wegen Materialschonung!

Oben angelangt, müssen wir uns im Tourismusbüro einschreiben und eine “Führer-Verzichtserklärung” mit Daumenabdruck unterschreiben. Macht dann10 Soles pro Person. Angeblich ist vor kurzem ein Tourist beim Selfieshot abgestürzt …

Eine tolle Wandertour: anfangs hüpfen wir über die Pferdemist- und Matschpfützen, die von den wanderfaulen, reitenden Touristen verursacht werden.

Über verschlungene Pfade,

mit interessanter Flora …

… und Fauna,

gelangen wir zum Mirador.

Hier eröffnet sich uns ein erster Blick auf den Gocta-Wasserfall,

der mit 771 m Fallhöhe weltweit der drittgrößte sein soll.

Hier unser preisgekröntes Foto vom Fuße der oberen Stufe, danach waren wir etwas nass 😉

Als wir zurück in unserer Unterkunft sind, ist das Wasser im Badezimmer ziemlich braun – scheint wohl mit den Regenfällen zusammen zu hängen. Die Peruaner kochen das Trinkwasser meist ab, nur wenige filtern es.

Weiter folgen wir dem Tal des Río Utcubamba …

… und müssen schließlich einen 12 km langen Anstieg bewältigen, um ins 2.300 m hoch gelegene Chachapoyas zu gelangen.

Von dort machen wir einen Radlausflug zum Mirador des Sonche-Canyons bei Huanca:

900 m geht’s hier nach unten.

Unser englischer Radfreund Matt fotografiert uns beim Pizzabacken.

Am 4.Tag unternehmen wir einen “Collectivo-Ausflug” nach Kuélap für insgesamt 113 Soles (28 Collectivos + 40 Seilbahn + 45 Eintritt, dank Michels Rentnerstatus (Jubilado) sparen wir 15 Soles).
Kuélap kann man entweder über einen sehr steilen Wanderweg erreichen, oder bequem die 2017 erbaute, erste Seilbahn Perus nutzen. Wir entscheiden uns für Variante zwei und müssen erst einmal unsere peruanischen Gondelgenoss*innen beruhigen, die sich nach der Abfahrt sogleich heftigst bekreuzigen.

Kuélap soll zum Machu Picchu des nördlichen Peru werden, es handelt sich um eine Festung oder Kultstätte der Chachapoya (ca. 900 – 1.400 n.Chr.), die auf einem Bergrücken in 3.000 m Höhe liegt: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Kuelap

Festungsmauer 

(inzwischen) überdachter Eingang

schmaler, gut verteidigbarer Zugang

Bergrücken

Rundhaus mit Meerschweinchenzuchttunnel (Steine im Hintergrund auf Grasfläche)

typische Hausverzierung

Ruinen der Rundhäuser

El Tintero, das Tintenfass, von außen…

…und von innen

So könnte es hier ausgesehen haben.

Die Aussicht von hier oben ist jedenfalls unschlagbar!

Als wir nach Leymebamba aufbrechen, sind wir schon sehr gespannt, welche Straßenverhältnisse uns aufgrund der starken und andauernden Regenfälle der letzten Tage erwarten werden. In den peruanischen Anden ist ja von November – März/April Regenzeit und wir stecken mittendrin. Gleich zweimal müssen wir Wasserfurten durchqueren. Michel – ganz der Gentleman – schiebt die Räder barfuß in Sandalen durch, während Claudia entweder hinüber hüpft oder einmal sogar die 10 m in einem Taxi “hitchhiked”.

Hangerosionen …

… passieren wir immer möglichst zügig,

hier kamen 10 Sekunden nachdem wir vorbei waren ca. 50 Kubikmeter Sand herunter.

In Leymebamba nimmt uns Raydith auf, die wir über Couchsurfing kontaktiert hatten. Sie zieht dafür extra ins Zimmer ihrer Mitbewohnerin und Arbeitskollegin Marisabel. Am nächsten Morgen treffen wir zufällig am Hauptplatz mal wieder auf Matt, unseren englischen Bikepacker.

Bergradlausflug zum 3,5 km entfernten …

… Museum des gleichnamigen Örtchens.

Es zeigt den berühmten Fund von ca. 200 Mumien an der Laguna de los Condores.

https://www.travelbook.de/ziele/seen/laguna-de-los-condores-mumien-see-von-peru

Zwei von ihnen sind hier zu bewundern.

Die anderen sind gut “weggepackt”.

Daheim baut Michel eine neue Sicherung in Raydiths Dusche ein, ab sofort ist heißes Wasser kein Problem mehr.

Es bleibt auch noch genügend Zeit um unseren Rädern neue Schuhe zu verpassen.

Raydiths Hunde halten derweil ein Nickerchen im Innenhof.

¡Gracias por tu gran hospitalidad Raydith! Nos ayudaste tanto con la compra del boleto y la noche extra. ¡Fue muy divertido para ustedes dos, que les vaya muy bien Raydith y Marisabel (v.r.)!

Eigentlich wollten wir den 22:00 Uhr Nachtbus nach Cajamarca nehmen.Tapfer wartet Raydith mit uns bis 23:45 Uhr, dann ist klar, es gab einen Erdrutsch. Der Bus wird also erst morgen früh durchkommen und somit tigern wir müde zurück in Raydiths Haus. Marlon, ein weiterer gestrandeter Fahrgast darf auch bei ihr, bzw. in unserem Zimmer mit übernachten. Witzig, alles so unkompliziert hier!

Früh um 8:00 Uhr stehen wir zu dritt an der Haltestelle, der Bus käme erst in einer Stunde, denn der Erdrutsch wäre ca. 5 Häuserblocks lang. Also auf ins Café zum Frühstück. Doch kaum steht unser Kaffee vor uns, schon biegt er um’s Eck – hektisch noch ein paar Bananen für die Fahrt gekauft … dann steigen völlig übernächtigte Passagiere und 2 mürrische Busfahrer aus, die uns gleich mitteilen, sie hätten keinen Platz für unsere Räder.
Der Fahrer ruft eine halbstündige Frühstückspause aus, bevor es weitergehen soll – also gehen wir auch noch schnell etwas essen.

Natürlich passen unsere Räder doch in den Bus (für uns nur jedes Mal Stress, weil die Busfahrer das Gepäck einfach nur reinwuchten, ohne auf Kollateralschäden zu achten).
Dann geht die Reise los, das Klo ist verschlossen, es riecht ziemlich streng nach Urin, aber egal, Marlon und wir sind überglücklich!

über den Wolken

Wahnsinn!

grandiose Natur

Hauptverkehrsverbindung

Dieser Friedhof in Cajamarca …

… ist wohl das Ziel dieser Trauergemeinde.

Santa Apolonia: Blick hinunter…

… und hinauf.

Mit dem Mototaxi fahren wir …

zum “Cuarto El Rescate”, dem Gefängnis des letzten Inkaherrschers Atahualpa, der 1532 von Francisco Pizarro besiegt und gefangen genommen wurde. Um frei zu kommen, versprach er dem Spanier, den Raum bis zu seinen Fingerspitzen 1x mit Gold und 2x mit Silber füllen zu lassen.

Die rote Markierung zeigt die Füllhöhe des Lösegeldes an,

jedoch hielt sich Pizarro nicht an die Abmachung und ließ Atahualpa trotzdem hinrichten. Für weitere Informationen, Achtung sehr interessant: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Atahualpa

Heute verursacht der “zweite Goldrausch” in Cajamarcas naher Yanacocha-Mine massive Umweltschäden: https://lateinamerika-nachrichten.de/artikel/das-goldfieber-von-cajamarca/

Später besuchen wir noch die 8 km entfernten “Ventanillas de Otuzco”.

Es handelt sich hierbei um Felsengräber …

… aus der Vor-Inka-Zeit.

Auf der nächsten Etappe erwischt uns gemeinerweise ca. 30 Minuten vor unserem Ziel mal wieder die Regenzeit in den Anden in Form eines nachmittäglichen Schauers, bei dem wir aber dank der tollen Regenbekleidung  unseres österreichischen Sponsors LÖFFLER trocken bleiben.

Anderntags treffen wir auf behelmte Schüler, die nach dem Unterricht nach Hause radeln, ein absolutes Unicum! Die 3 begleiten uns ein bisschen (bzw. liefern sich ein heimliches Wettrennen mit uns) und erhalten zur Belohnung einige Bonbons von uns.

Über eine total verschlammte Einfallstraße erreichen wir Huamachuco und begeben uns auf einen Streifzug durch die Stadt:

Indios unter sich

Figuren auf dem Plaza de Armas

Tierarzt Dr. Griebel und sein Motto …

… “alles wird gut!”

Auf dem “Mercado Central” können wir uns fast nicht entscheiden, was wir heute Abend kochen wollen:

Schinken,

Huhn,

oder lieber doch Meerschweinchen(Cuy)?

Matt hat uns inzwischen eingeholt und wir treffen uns abends auf ein Bierchen … dabei entsteht der Plan, gemeinsam durch die entlegene Gegend bis nach Mollepampa zu radeln.

Auf Gravel ist Matt eindeutig schneller.

Michel beim Fußbad …

… mit anschließender Fangopackung!

Nach 32 km und 1.020 Hm erreichen wir unser Tagesziel, die Laguna Larga. Matt hat sich inzwischen verabschiedet, er ist bergauf mit seinem Bikepacking-Rad doch deutlich schneller.

Erst mal schön Kaffee und Marmeladenbrötchen aufgefahren,

dann ist nach einem kurzen Nieselregen …

… Fotoshooting angesagt.

Oje, als Claudia den Kocher für’s Abendessen anschmeißen will, gibt das Regelventil seinen Geist auf! Und wir sind hungrig wie die Löwen!
Claudia findet eine weggeworfene leere Thunfischdose und befüllt sie mit Benzin. Diese kommt in ein kleines Erdloch, welches von Steinen umringt ist, auf denen der Kochtopf steht und das Benzin wird angezündet. Voila – Essen ist fertig und Töpfe sind schwarz!

Zum Frühstück stärken wir uns mit Joghurt und Müsli und fragen die Insassen eines vorbei kommenden PKW’s, ob man auf dieser Gravelroad bis nach Mollebamba durch kommt. Auf iOverlander gab es bei der Planung der Etappe nämlich widersprüchliche Aussagen und es gäbe noch 2 Alternativrouten. Nein, das sei kein Problem, eine gute Reise (buen viaje) wünschen sie uns noch.

Es folgt ein stetiges Auf & Ab,

anfangs ist die Piste noch gut befahrbar, auch das Wetter hält sich, es ist zwar kühl, aber trocken!

Nach und nach verschlechtert sich die Straße aber immer mehr, Schlamm und Pfützen,

sowie Bachdurchfahrten mehren sich. Beim Abzweig bei Km 69 machen wir einen entscheidenden Fehler und nehmen die kurze Route nach Mollebamba. Zunächst müssen wir 1 km bergauf schieben, aber dann erwartet uns ja nur noch eine 18 km lange Abfahrt nach Mollebamba … wir hätten rechtzeitig umkehren und die lange Route in Kauf nehmen sollen!

Für die nächsten 4 km bergab benötigen wir knapp 2 Stunden: Geröll, Schutt, diverse Hangabbrüche und Wasserfurten vermiesen uns gewaltig die Laune! Claudias Bremsen sind auch schon am Anschlag.

Radschieben bergab in extremo!

Bevor die kalte Nacht hereinbricht, finden wir doch noch einen genialen Zeltplatz,

genießen den Ausblick (und nachts den Sternenhimmel) …

… und kochen schnell unser wärmendes Essen. Glücklicherweise haben wir genügend Benzin und Essen dabei,

denn eigentlich wollten wir ja schon längst wieder zurück in der Zivilisation sein.
Am nächsten Morgen erwarten uns weitere Strapazen: für die restlichen 14 km bergab brauchen wir sage und schreibe 4,5 Stunden! Anbei die Fotodokumentation unseres größten Hindernisses, eines erodierten Straßenabschnitts.

Wenn Pläne sich ändern,

heißt es 1 Stunde lang …

… abladen und Taschen schleppen …

… Fahrrad tragen,

… und mal wieder durchwaten.

Zu guter Letzt wieder alles den Abhang gegenüber zur verbliebenen Straße hochschleppen,

denn wer sein Radl liebt, der stemmt und schleppt und schiebt …

… und freut sich tierisch, wenn er dann ganze 150 m Luftlinie zurück gelegt hat!

Endlich in Mollebamba (der vermeintlichen Zivilisation) angekommen, stellen wir mit Erschrecken fest, dass wir in einer Art Geisterstadt angekommen sind. Hier leben nur noch Alte, die Jungen sind alle ausgeflogen. Von den 4 Hospedajes sieht keine aus, als hätte sie je eine Betriebserlaubnis gehabt bzw. die letzten 20 Jahre auch nur einen Gast gesehen – sie sind auch alle geschlossen. Au Backe!

In Ermangelung eines geöffneten Comedors oder Straßenständen, wie es sie sonst überall zu Hauf gab, schätzen wir uns glücklich, ein geöffnetes Lädchen zu finden. Gegen unseren Bärenhunger gibt’s Salzkräcker, Avocado und Tomaten, die wir auf dem überdimensionierten, menschenleeren Zentralplatz verspeisen.

Schließlich macht Michel doch noch die Besitzerin einer Hospedaje ausfindig und wir kommen für 15 Soles unter und verhandeln für weitere 15 Soles unser Frühstück. Wir können ja hier nicht mit unserer Thunfischdose samt offenem Feuer kochen!

Home sweet home!

Dusche und Toilette in unserer Lehmziegelunterkunft

Abends soll das Restaurant gleich nebenan offen sein. Als wir um 19:00 Uhr hinlaufen, finden wir es geschlossen vor. So ein Mist, das Lädchen hat inzwischen auch schon zu und wir haben rein gar nichts mehr zu essen. Nur Riesenhunger! Verzweifelt berichten wir unserer Wirtin und obwohl sie gerade selbst beim Essen ist, fragt sie uns einfach, ob sie uns für 10 Soles Hühnchen mit Reis kochen soll.

Jaaaaaa!

Von Mollebamba nach Pallasca werden wir immerhin ca. 6 km Luftlinie zurücklegen, die haben es aber in sich: zuerst 18 km geile geteerte Abfahrt  zum Río Tablachaca, dann wieder 23 Serpentinen hinauf und noch 7km auf der Höhe nach Pallasca, mit 1.085 Hm Gesamtanstieg.

Blick auf den Gegenanstieg

Rückblick auf die tolle Abfahrt

Kurz vor Pallasca erwischt uns wieder der Nachmittagsschauer und wir kommen in einem feuchtkühlen Hotelzimmer unter. Im Städtchen gibt es zwar eine Bank, aber leider keinen Geldautomaten, den nächsten gäbe es angeblich erst in Huaraz – wo wir nach unseren Schätzungen jedoch erst in 4 Tagen sein werden.
Wieder eine Sorge mehr, denn billig kochen geht ja momentan nicht und wir haben nur noch 190 Soles. Wir pokern und wollen in 3 Tagen á 60 Soles Caraz erreichen, wo wir auf einen Geldautomaten hoffen.

Morgens  in Pallasca auf 3.100 m Höhe vor unserer …

genialen 23 km langen Abfahrt …

… in das 55 km lange Tal …

des Río Tablachaca.

Dieser Fluss führt graues, sandiges Wasser und mündet in den braunen, breiteren Río Santa, dem wir dann noch ca. 20 km flußaufwärts folgen. Wie in iOverlander beschrieben, finden wir das kleine Lädchen von Jorge und dürfen nebenan auf seinem Gelände zelten. Seine Frau Zoila kocht uns auf Nachfrage für 12 Soles ein Abendbrot: Reis mit Pommes und 2 Spiegeleiern. Wir kommen sehr nett mit beiden ins Gespräch und es stellt sich dann im Nachhinein heraus, das ihre Tochter Pati, die mit einem Deutschen verheiratet ist, doch tatsächlich in Erlangen wohnt!

¡Muchas Gracias Jorge y Zoila por tu hospitalidad, talvez nos vemos en Erlangen!

Unser Plan gegen die Geldnot scheint aufzugehen, gestern sind wir durch die kostenlose Übernachtung jedenfalls im Budget geblieben, mal sehen, wir es weiter geht. Zunächst weiter hinauf, wir folgen weiter dem Tal …

des Río Santa folgen und werden heute 1.300 Hm absolvieren.

prima Dusche

Graphitabbau direkt am Straßenrand …

… auf peruanisch.

In Huallanca teilt uns die Chefin des einzigen Hostals mit WiFi mit, dass sie mit Arbeitern des örtlichen Wasserkraftwerks ausgebucht sei. Netterweise gibt sie uns ihr WiFi-Passwort, damit wir Kontakt zu unseren Lieben daheim aufnehmen können. Echt genial die Leute hier!

Abends spielt der halbe Ort auf der Hauptstraße Volleyball, alle zwei Minuten müssen sie ihr Netz für den Durchgangsverkehr herunter lassen, was ihrer Spielfreude aber keinerlei Abbruch tut.

Früh nutzen wir nochmals schnell das WiFi der netten Peruanerin und freuen uns über eine Einladung in Caraz, die uns unser Radfreund Christian aus Spanien vermittelt hat.

Rückblick auf Huallanca mit seinem Wasserkraftwerk und Aufstieg …

zum malerischen “Cañón del Pato” …

mit seinen insgesamt 35 kleinen,

bis mittelgroßen Tunneln.

Nebenstollen

La Bocatoma (weiteres E-Werk am Río Santo)

Abends in Caraz treffen wir ganz überraschend noch auf Christian. 5 Tage bleiben wir in Caraz und zelten auf dem Grundstück, das uns Luis netterweise zur Verfügung stellt. Dort lernen wir noch zwei Reiseradler aus Venezuela/Spanien kennen, die als Volontäre für unseren Gastgeber arbeiten. Übrigens – Geldautomaten gibt es hier in Hülle und Fülle!

Radfreunde (v.l. Christian, Guillermo, Gabriela)

Leider haben wir kein Foto zusammen mit Luis, als wir weitergefahren sind, war er beruflich unterwegs – muchas gracias amigo por todo!

Auf dem Weg nach Huaraz passieren wir das Örtchen Yungay, das am 31.5.1970 (also genau 30 Tage nach Claudias Geburt) vollständig unter Schlamm und Geröll begraben wurde. Ein starkes Erdbeben löste 50 Millionen Kubikmeter Eis aus der Flanke des Huascaránmassivs und diese donnerten mit 220 km/h zu Tal. Dies kostet an die 20.000 Menschenleben.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Yungay_(Peru)

Perus höchster Berg “Huascarán” misst stolze 6.768 m und liegt direkt neben unserer Route nach Huaraz.

Baustellenstau

Witzig: abends treffen wir uns mit unseren Radfreunden Patricia & Maurizio wieder einmal in einer Pizzeria. Danach verabschieden wir die beiden, denn sie kehren nach Europa zurück.

Für insgesamt 50 Soles machen wir einen organisierten Tagesausflug zur Lagune 69 mit. Pünktlich um 5:00 Uhr morgens werden wir am Hostel aufgelesen und mit dem Bus zurück nach Yungay und dann eben jene Bergschlucht hinauf gekarrt, durch die damals die todbringende Eisschlammlawine zu Tal donnerte.

Von der Chinan Cocha (Frauenlagune) …

… blicken wir Richtung Tal, hier schossen die Geröllmassen hindurch und legten 14 km in knapp 4 Minuten zurück.

Der Bus spuckt uns aus und wir wandern die restlichen 700 Hm zum Gletschersee in 1:50 Stunden.

Die wunderschöne Laguna 69 …

… liegt auf 4.600 msnm und der Sauerstoffmangel macht sich schon bemerkbar!

Im Hintergrund ragt der 6.108 m hohe Chacraraju empor.

Gletscher-Cascade

Den nächsten Tag nutzen wir, um unsere 4-Tagestour auf dem “Santa Cruz Trek” vorzubereiten: Einkauf der Vorräte, Ausleihen der Ausrüstung und nachmittags die Fahrt mit dem Collectivo zurück nach Caraz. Dort suchen wir uns eine günstige Unterkunft und kaufen noch einen Sekundenkleber, falls unser Kocherventil sich wieder lösen sollte. Mit einem weiteren Collectivo gelangen wir ab 6:45 Uhr zum Ausgangspunkt des Treks nach Cashapampa. Am Nationalparkeingang müssen wir jeweils 60 Soles für die 4-Tageswanderung bezahlen, dann geht’s auch sofort los.

1.Etappe: 10 km und 900 Hm

Michel filtert neues Trinkwasser.

Ein tolles Tal!

Müde und erschöpft erreichen wir unser erstes Camp, die Leihrucksäcke sind von schlechter Qualität und drücken ganz schön! Als wir kochen, fängt es an zu regnen und wir verlegen die Kochstelle unter die Apside und essen im Zelt.

Geführte all-inclusive Touren mit Führer, Gepäcktransport, Frühstück, Lunchpaket, Zeltauf- und Abbau, Abendessen und Klozelt kosten zwischen 500 – 800 Soles (150-240 Dollar).

Die 2.Etappe mit 12 km und 460 Hm …

… führt uns entlang der Laguna Jatuncocha …

… zum Zeltplatz Taullipampa.

Von hier aus starten wir die Königsetappe,

die uns nach 3 Stunden Aufstieg zum …

Passo Punta Union bringt, welcher auf 4.750 msnm liegt.

Leider müssen wir danach 7 km ziemlich steil absteigen …

… trotz Wanderstöcken eine Qual für Claudias Knie. Doch das Panorama entschädigt für alles.

Am 4. Tag müssen wir die restlichen 10 km bergab bis nach Vaqueria bis 12:30 Uhr geschafft haben, um das letzte Collectivo zurück nach Huaraz zu erwischen.

Trotz verstopftem Wanderweg …

… sind wir rechtzeitig am Ziel und auch die Autofahrt …

… zurück beeindruckt mit sensationeller Landschaft!

Wir bleiben noch ein paar Tage in Huaraz und kaufen täglich auf dem nahen Markt ein,

der auch die angrenzenden Straßen einschließt.

Auf dem alten Inkapfad …

wandern wir zum Trailhead / Parkeingang zur Laguna Churup, wo zwei Ranger den Eintritt von 30 Soles kassieren. Dann müssen wir steilst 700 Hm bergauf wandern, während sich das Wetter stetig verschlechtert sich. Sollen wir überhaupt noch weiter gehen, schließlich müssen wir noch diesen Hang bezwingen?

Wir wagen es und klettern weiter, denn von der Hangkante aus ist es nicht mehr weit.

Unsere Mühen werden belohnt, der Himmel reißt wieder auf!

Am nächsten Morgen geht Michel Brötchen und Eier besorgen und kommt total zerstört zurück: wie überall in Südamerika sind die Gehwege nicht barrierefrei und er übersieht eine Stufe und fällt nach vorne. Beim Versuch das Gleichgewicht wieder herzustellen wird er schneller und schneller, scheitert aber doch und stürzt vollends auf die Straße. Die Landung erfolgt dann ziemlich hart mit der rechten Gesichtshälfte auf dem Asphalt. Auch die Schulter wird etwas in Mitleidenschaft gezogen. Sein Gesicht ist geschwollen und das Auge blau, aber im Großen und Ganzen hat er Glück gehabt. Als er im Hostel ankommt, hat er völlig idiotischerweise noch die Einkäufe erledigt, total bleich, zittrig und zerschrammt wird ihm schwindlig, sofort ab ins Bett! Gehirnerschütterung? Nein, aber das rechte Auge schwillt an und wird blau. Marcella, die Hostelchefin erkundigt sich auch immer wieder nach Michel. Beim Nachmittags-Kaffee mit Apfelkuchen und beim Abendbrot Spaghetti Bolognese hat der Patient aber schon wieder kräftig Appetit.

Wir verabschieden uns von Christian…

…und Marine, unser französischen Bekanntschaft aus dem Hostel “El Tambo”…


…denn nach 8 Tagen in Huaraz wollen wir dann doch mal weiter. Mangels Bremsbelägen haben wir beschlossen, von Huaraz nicht durch die Berge nach Cusco zu fahren, sondern die flache Küstenroute Lima – Nasca vorzuziehen. Ab Nasca dürfen wir dann wieder kräftig Höhenmeter nach Cusco sammeln! 

Im nächsten Blog geht’s weiter durch Peru.

9 Gedanken zu „Peru-1

  1. Nee, nee, nee, was habt ihr nur angestellt, daß ihr das machen müsst.
    Trotzdem weiterhin viel Erfolg und Toi,toi,toi.

    Lese immer wieder ganz fasziniert euere Berichte.

    Grüße aus Hilpoltstein
    Roswitha und Friedrich

    1. Hallo ihr Zwei!
      Ganz herzliche Grüße aus La Paz , wo wir gerade weitere Abenteuer planen ( Dschungeltour, Straße des Todes und Salar de Uyuni) … es bleibt also weiterhin spannend! Eure ClauMichs

  2. Hallo Claudia
    Hallo Michael

    Ich möchte euch einmal zu eurem Blog gratulieren. Sehr gut gemacht.
    Da steckt viel Arbeit dahinter. Es gibt ja sonst schon viel zu tun.
    – Zeltaufbau / Abbau
    – Einkaufen
    – Kochen
    – Übernachtungen organisieren
    – Routen planen
    – Unvorhergesehenes und Überraschungen
    – …….
    – und dann ist ja noch das Fahrradfahren über Stock und Stein, hinauf und wieder hinunter und trotzdem die Motivation hoch halten.

    Grüsse aus dem fernen Borneo.

    Erwin Dürlewanger

    1. Hallo Erwin,
      vielen Dank für dein Lob! Ja du hast recht, der Blog macht viel Arbeit, aber es macht auch ziemlich viel Spass … Ab und an verfolgen wir deine Route, wie läuft es denn so und kann es sein, dass wir uns irgendwann demnächst in Australien oder Neuseeland über den Weg radeln? Liebe Grüße ClauMich

  3. Hallo Ihr zwei Fahrradbummler,

    habe gerade Eure beiden letzten Einträge aus Equador und Peru 1 gelesen, in Südamerika geht’s ja mächtig rauf und runter.
    Wenn ich Euren letzte Kommentar lese, seid ihr immer noch in Peru.
    Weiterhin viel Spaß und Grüße aus der Heimat und vom Badminton.

    Bei uns soll es diese Woche bis zu 40 Grad heiß werden, und das im Juni

    1. Hallo Franz, sorry für die späte Antwort, wir waren einige Tage “offline”, denn wir sind inzwischen im südlichen Altiplano von Bolivien unterwegs Richtung Salar de Uyuni.Falls du auch auf Facebook bist: 2like2.bike
      da sind wir etwas aktueller, denn so ein Blog braucht schon seine Zeit, v.a. ohne stetes WiFi! Sind hier permanent zwischen 3.500 und 4.200 m Höhe unterwegs, die Nächte im Zelt sind zapfig.Herzlichste Grüße ans gesamte Badmintonteam – eure Radler

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